Stellungnahme der Praxis Ethnatmed zum "Münsteraner Memorandum"

Aktuell wagen selbsternannte Kritiker des Heilpraktikerberufes erneut einen - diesmal obendrein besonders dreisten - Vorstoß gegen die Heilpraktikerschaft und damit wider der beruflich praktizierten Naturheilkunde in Deutschland. Gemäß einem Memorandum des »Münsteraner Kreises« wird nun nicht weniger als die Abschaffung des Heilpraktikerberufes gefordert. Alternativ gäbe man sich auch mit einem Konzept im Sinne eines »Fachheilpraktikers« zufrieden: Dabei geht es darum, Menschen mit medizinischen Fachberufsausbildungen, etwa Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und dergleichen, auf ihr Fachgebiet beschränkte Heilpraktikerzulassungen zu erteilen. Auch das käme freilich einer faktischen Abschaffung des Berufsbildes gleich.

Zum Hintergrund

Seit einiger Zeit laufen in hiesigen Medien regelrechte Hetzkampagnen gegen die Naturheilkunde in ihrer Gesamtheit wie den Heilpraktikerberuf im Speziellen. Auch einige renommierte Zeitungen, wie der »Stern« oder die »Süddeutsche Zeitung«, fallen diesbezüglich auf.

Es scheint eine Menge Aktivisten zu geben, denen der Heilpraktikerberuf - sei es aus persönlichen Überzeugungsgründen, sei es aus anderen Interessen heraus - ein kräftig schmerzender Dorn im Auge ist.

Spätestens seit den Vorfällen in Brüggen-Bracht ist Öl in dieses Feuer gegossen worden. Damals hat ein (!) Heilpraktiker Krebspatienten behandelt. Im »Zuge dieser Behandlungen seien drei Patienten verstorben«. Die genauen Zusammenhänge sind freilich bis jetzt immer noch nicht geklärt. Ob der Tod dieser Patienten tatsächlich zweifelsfrei auf ein Verschulden des Heilpraktikers zurückgeführt werden kann, ist nach meinem Wissen nach wie vor fraglich. Laut einem aktuellen Bericht des Spiegels  praktiziert der fragliche Kollege inzwischen wieder. Ich muss hier also in Frage stellen, ob ihm eine faktische Verantwortung für den bedauerlichen Tod dieser Patienten tatsächlich nachgewiesen werden konnte. Bitte beachten Sie im Zuge dessen: Es ist leider keine Seltenheit, dass Krebspatienten an ihrer Krankheit - oder an den Folgen vorgenommener Behandlungen, und zwar vor allem auch klar solchen schulmedizinischer Art - versterben.

Wer ist überhaupt der "Münsteraner Kreis"?

Nach eigener Angabe setzt sich dieser Arbeitskreis um die Medizinethikerin Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert aus Ärzten und Wissenschaftlern zusammen. Es handle sich dabei um eine »Expertengruppe«, die sich in diesem speziellen Fall eben des Vorstoßes wider des Heilpraktikerberufes befleißigt. Im Zuge dessen nimmt die Gruppe für sich in Anspruch, »frei von Interessenkonflikten« zu sein.

Doch schauen wir uns die Mitglieder dieses Kreises und das Vorgehen einmal genauer an. Dort tauchen unter anderem wiedereinmal Namen wie Dr. Natalie Grams oder Prof. Dr. Edzard Ernst auf. Beide sind übrigens auch Mitglieder der »Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften« (Gwup)1. Gibt man die Namen weiterer Mitglieder des Münsteraner Kreises mit dem Schlagwort »Gwup« in der Suchzeile von Google ein, ergibt sich eine erstaunliche Anzahl weiterer Treffer. Dies lässt vermuten, dass zumindest ein relevanter Teil der Arbeitsgruppe zumindest wie auch immer geartete Verbindungen zur Gwup respektive Sympathien für die Gwup und umgekehrt zu haben scheint.

Besonders auffällig ist jedoch, dass dieser sogenannten »Expertengruppe« - immerhin zur Beurteilung des Heilpraktikerberufes - nicht ein einziger tatsächlicher Berufsvertreter angehört! Dort ist also kein einziger Heilpraktiker beteiligt, geschweige dem sind die Heilpraktikerverbände eingebunden! Dieser Vorstoß wider dem Heilpraktikerberuf ist dem Anschein nach absichtlich unter Umgehung der tatsächlichen HP und HP-Verbände ins Leben gerufen worden. Eine klassische »Nacht- und Nebelaktion«, die ausschließlich von -  teilweise fanatisch wirkenden - Heilpraktikergegnern durchgeführt wurde.

Mir stellen sich zunächst zwei spezifische Fragen, um der Berechtigung einer Meinungshoheit dieses Arbeitskreises entsprechend der aktuellen Darstellungen etwas spezifischer auf den Zahn zu fühlen:

Ist der Münsteraner Kreis wirklich »frei« von Interessenkonflikten?

Die Gwup - und somit ihre Mitglieder - sind bekannt für ihre militant-rhetorische Ablehnung von allem, was nicht in deren wissenschaftlich geprägte Vorstellung von der Natur der Wirklichkeit hineingehört. Abgesehen davon, dass das zu Grunde liegende rein mechanistische Weltbild zwischenzeitlich ohnehin als nicht mehr ausreichend und somit überholt angesehen werden muss: Es ist vor diesem Hintergrund - Eingebundenheit von Gwup-Mitgliedern und somit anzunehmende Verbindungen zwischen Münsteraner Kreis und Gwup - vollkommen klar, dass eine »Freiheit von Interessenkonflikten« in Bezug auf den Heilpraktikerberuf gar nicht gegeben sein kann. Dieses Argument wird vorgeschoben, um mehr Aussagekraft zu generieren. Federführende Mitglieder, die geradezu fanatisch und auf Grund eigener Überzeugungen glaubensbasierte Heilpraktikergegner sind, sind sicher NICHT frei von Interessenskonflikten. Die Tatsache, dass weder Heilpraktiker noch HP-Verbände eingebunden oder nur im Vorfeld informiert worden sind, stützt diese Annahme um so mehr.

Ist der Münsteraner Kreis tatsächlich kompetent bezüglich des selbstgesteckten Ziels?

Der Münsteraner Kreis mag mit hochgebildeten Fachpersonen verschiedenster Fachgebiete besetzt sein: Tiefergehende Kenntnisse über das Berufsbild, dessen Selbstverständnis und Aufgabenstellung - geschweige dem über die Praxis der typischen Methoden, die per Definition allesamt zur Naturheilkunde im weitesten Sinne gehören - können hier nicht vorausgesetzt werden! Es bestehen allenfalls Teilüberschneidungen! Die einzigen tatsächlichen Experten zur Klärung der gestellten Fragen bezüglich des Berufsbildes - nämlich Heilpraktiker selbst - wurden umgangen! Damit muss die tatsächliche Kompetenz des Münsteraner Kreises in Hinblick auf ihr aktuelles Memorandum entschieden in Frage gestellt werden!

Dass es offensichtlich an der notwendigen Kompetenz mangelt, zeigt sich dann auch in den unzureichenden Interpretationen und daraus abgeleiteten Forderungen, die im fraglichen Memorandum zur Schau gestellt werden: Hier liegt - nachweislich, siehe dazu die Ausführungen von Dr. Sasse - weitestgehende Unkenntnis der Rechtslage in Deutschland im Allgemeinen wie dem Berufsbild im Speziellen vor!

Schlaglichter: Einige Gedanken vor dem Hintergrund der aktuellen Ausführungen von Dr. Sasse

Dr. Sasse, Rechtsanwalt mit Fachspezialisierung im Heilpraktikerrecht, hat in Zusammenarbeit mit Heilpraktikerverbänden eine umgehende Stellungnahme in Form eines Kurzgutachtens veröffentlicht. Hier zeigt sich dann erwartungsgemäß auch eine tatsächliche Fachkompetenz, die Zusammensetzung wie Ausführungen des Münsteraner Kreises so deutlich vermissen lassen.

Idee der sektoralen Heilpraktiker zu Gunsten einer Abschaffung des Heilpraktikerberufes im bisherigen Sinne
Hier sollen also medizinische Fachberufe mit auf ihr jeweiliges Fachgebiet ausgelegten, erweiterten Kompetenzen ausgestattet werden. Namentlich geht es also darum, etwa Physiotherapeuten die eigenverantwortliche Ausübung der Physiotherapie zu ermöglichen. Dies soll die Notwendigkeit des allgemeinen Heilpraktikers im bisherigen Sinne unnötig machen. Der Heilpraktiker, wie wir ihn bisher kennen, soll also im Zuge dessen abgeschafft werden.

Das typischste Kennzeichen des HP-Berufes ist aus juristischer Sicht die selbstverantwortliche Ausübung der Heilkunde. Aus berufsinhaltlicher Sicht betrifft dies typischerweise die »Naturheilkunde im weitesten Sinne«.

Eine Naturheilkunde in diesem ganzheitlichen Sinne kann durch sektorale Heilpraktiker (»Add-on-Heilpraktiker«) nicht ausgeübt werden. Eine Beschränkung echter ganzheitlich orientierter Naturheilkunde auf medizinfachliche Teilgebiete ist logisch nicht möglich. Folglich würde diese Regelung das Ende des Heilpraktikerberufes, damit das Ende der Naturheilkunde in umfassendster Sichtweise bzw. die Einrichtung eines Arztvorbehaltes zur Ausübung der Naturheilkunde in ihrer Gesamtheit bedeuten.

Im Zusammenhang wichtig: Ärztliche Medizin bedeutet im Schwerpunkt naturwissenschaftlich orientierte, also evidenzbasierte Medizin (EBM). Naturheilkunde als Teil dieser Medizin muss sich dem unterordnen. Damit besteht die Gefahr, dass große Teile echter ganzheitlicher Naturheilkunde - solche, die neben medizinisch-wissenschaftlichen Einflüssen auch dem Strom jahrhundertelanger »Erfahrungsmedizin«, philosophischen Prinzipien etc. angehörig sind - nicht mehr als pflegewürdig angesehen werden und somit verloren gehen. Die Abschaffung des Heilpraktikerberufes bedeutet den Untergang der beruflich praktizierten Naturheilkunde im weitesten Sinne! Ein zeitintensives und themenkonzentriertes Selbststudium der reinen ganzheitlichen Naturheilkunde mit genau diesem Schwerpunkt - und eben nicht den absolutistischen Kernaspekten universitär gelehrter und der »Evidenz« verpflichteter Schulmedizin - würde es nicht mehr geben. Dieses selbst zu organisierende und durchzuführende Studium naturheilkundlicher Medizin ist ein häufiges Charakteristikum einer guten Heilpraktikerausbildung - weit über die Grundanforderungen der Initialüberprüfung hinaus. Patienten hätten infolge einer Abschaffung des Heilpraktikerberufes auch keine Möglichkeiten mehr, eine solche ganzheitliche Naturheilkunde in Anspruch zu nehmen. Hierzu ein Zitat von Dr. Sasses Gutachten: »Eine vollständige Integration der Naturheilkunde in die Ärzteschaft widerspricht deren Stellung als schulmedizinischer – evidenzbasierter - Wissenschaft. Aus diesem Grund würde ein Ärztemonopol dem Bedürfnis der Bevölkerung nach einer ergänzenden Heilkunde nicht gerecht.«

Dr. Sasse erläutert an anderer Stelle im Gutachten einige Aspekte dessen, was ich hier als »ganzheitliche Naturheilkunde« bezeichne: Zum Beispiel die Tätigkeiten der »traditionellen chinesischen Medizin, der Chiropraxis (Anmerkung des Autors: genauer »Osteopathie«), der Homöopathie oder des heilkundlichen Schamanismus«2.
Vollkommen zu Recht merkt er an, dass die Ausübung erklärter Naturheilkunde in diesem Sinne, eben zum Beispiel die Ausübung der hier beispielhaft angeführten Tätigkeiten, in den Bereich des Illegalen abgedrängt und damit den Möglichkeiten staatlicher Kontrolle entzogen würden.

Zweiter Vorschlag des Münsteraner Memorandums: Vollständige Abschaffung des Heilpraktikerberufes
Unnötig zu analysieren: Diese Situation wäre dieselbe, wie gerade beschrieben. Mit dem Unterschied, dass auch medizinischen Fachberufen keine weiteren Kompetenzen im Sinne einer eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde mit Beschränkung auf das jeweilige Fachgebiet eingeräumt würden. Die übrigen Schlussfolgerungen - vor allem das zu erwartende Ende der ganzheitlichen Naturheilkunde, wie wir sie kennen - bleiben dieselben.

Beurteilung der berufsrechtlichen Grundlagen des Heilpraktikerberufes
Dr. Sasse beweist in seinem Gutachten unmissverständlich, dass die Darstellung der Expertengruppe des Münsteraner Kreises vollkommen ungenügend ist. Hier werden eklatante Wissenslücken im Bereich geltenden Rechts zum Thema Heilpraktiker offenbart! So werden zum Beispiel die Ausbildungs-, Zulassungs- und Überwachungsmodalitäten der Heilpraktiker im fraglichen Memorandum als »ungenügend« beurteilt. Die Darstellung geht jedoch weit an der Realität vorbei. Sie verschweigt Tatsachen wie die geltende »Sorgfaltspflicht« der HP. Diese fordert von tätigen Heilpraktikern selbstverständlich (!) eine Aus- und Weiterbildungspflicht ein - und zwar nicht etwa philosophischer Art, sondern klar juristisch: Siehe dazu die geltende Rechtssprechung.

Gebetsmühlenartige Kritik an »fehlender Standardisierung der Heilpraktikerausbildung«
Dieser Punkt wird von selbsternannten Kritikern des HP-Berufes regelmäßig angeführt. Die Darstellung entspricht dabei freilich ausschließlich den eigenen Interpretationen und Interessen. Man will den Heilpraktikerberuf in Zweifel ziehen, daher werden Kritiken an der Ausbildung entsprechend negativ formuliert. Notwendige Zusammenhänge, die diese Behauptungen selbst in fraglichem Licht dastehen lassen und relativieren könnten, werden wohlweislich verschwiegen.

Dr. Sasse stellt hier klar, dass allgemeingültige Forderungen bezüglich der Ausbildung der Heilpraktiker über das schulmedizinische Grundlagenwissen hinaus praktisch gar nicht realisierbar sind. Ganzheitliche Naturheilkunde ist zu vielgestaltig, wie oben bereits dargestellt. Wie sollten bitte staatlich überwachte Ausbildungsstandards, etwa für »schamanische Heiler«, aussehen? Die Antwort aus Sicht des Münsteraner Kreises würde gewiss einfach ausfallen: Gar nicht, weil das schließlich »Humbug« ist, um hier die Ausdrucksweise selbsternannter und angeblich »skeptischer« Kritiker zu verwenden. Dasselbe gilt konsequenterweise für die traditionelle chinesische Medizin, die Homöopathie und dergleichen. Es ist also gar nicht möglich, eine »vollständige« Berufsausbildung der Heilpraktiker, die auch deren therapeutische Vorgehensweisen beinhalten müsste, staatlich sicherzustellen.

Die schulmedizinische Grundausbildung der Heilpraktiker hingegen wird gesetzlich wenigstens indirekt eingefordert: Durch die schlichte Notwendigkeit, entsprechendes Wissen im Rahmen einer staatlichen Überprüfung unter Beweis zu stellen. Dabei ist der Ausschluss von Gefahren für die Volksgesundheit der richtungsweisende Schwerpunkt3. Die gestellten Fragen in schriftlicher und mündlicher Überprüfung betreffen dabei das gesamte Grundlagenwissen naturwissenschaftlicher Medizin. Auch Fragestellungen, die sich bereits auf sehr spezifisches Fachwissen beziehen, sind gängige Praxis.

Fazit: Einblick in das Gutachten von Dr. Sasse
Ich möchte jedem ernsthaft Interessierten nahe legen, das Schreiben von Dr Sasse selbst einzusehen. Es wird Ihnen dann sehr leicht fallen, die fehlende Rechts- und Berufskompetenz der Darstellung des Münsteraner Memorandums - wie übrigens anderer selbsternannter Naturheilkunde- und Berufskritiker, die ähnlich argumentieren, auch - als gegebene Tatsache zu erkennen. Hier finden Sie das Gutachten im Originalwortlaut als Pdf: http://www.heilpraktikerrecht.com/wp-content/uploads/2017/08/20170821-Kurzgutachten-HP-Recht-signed.pdf

Zur propagierten »Gefährlichkeit« des Heilpraktikerberufes

Eine dick aufgetragene Behauptung ist die oft bemühte angebliche Gefährlichkeit des Heilpraktikerberufes im absoluten Sinne. Folgt man den diesbezüglichen Darstellungen diverser Kritiker, dann kann schnell der Eindruck aufkommen, dass in der Tat großes gesundheitliches Risikopotential für Patienten gleich welcher Art entsteht, wenn sie sich in die »Fänge« heilpraktischer Zuwendungen begeben. Auch das Münsteraner Memorandum greift diesen Aspekt erwartungsgemäß und wortgewaltig auf.

In den letzten Jahren gab es in der Tat gelegentliche Meldungen bezüglich geschädigter Patienten in Zusammenhang mit der Tätigkeit von Heilpraktikern. Im Zuge dessen weckten erste Schlagzeilen oft Assoziationen schwerer Schuldhaftigkeiten der behandelnden Heilpraktiker. Bei genauerer Betrachtung hat sich jedoch kaum einer (das meint insbesondere: kein einziger der mir bekannten Fälle!) in diesem Sinne bestätigt. Ein Beispiel werde ich unten anführen. Der letzte große Fall, der entsprechende Medienaufmerksamkeit erfuhr und der auch vom Münsteraner Kreis als Aufhänger benutzt wird, war der bereits erwähnte des Kollegen aus Brüggen-Bracht - der ebenfalls unten noch mal etwas genauer betrachtet werden soll.

Wie sieht die Realität bezüglich einer »Gefährlichkeit der Heilpraktiker« denn nun wirklich aus? Gibt es tatsächlich schwerwiegende Anhaltspunkte, die eine wie auch immer geartete und generelle Gefährlichkeit des Heilpraktikerberufes als Grundargument rechtfertigen?

Meiner Ansicht nach: NEIN.

1. Der Anteil der durch heilpraktische Tätigkeiten geschädigten Patienten ist - gemäß entsprechender Schadensstatistiken der Haftpflichtversicherer - im Gegenteil verschwindend gering. Das ist vermutlich ein entscheidender Grund, warum die Haftpflichtversicherungsbeiträge für Heilpraktiker ausgesprochen günstig ausfallen. Vor allem im Vergleich mit den Beiträgen, die Ärzte verschiedenster Fachrichtungen entrichten müssen. Das verwundert nicht. Im Gegensatz zur Darstellung z.B. des Münsteraner Kreises sind naturheilkundliche Behandlungsmethoden nämlich tatsächlich in aller Regel gut verträglich und beweisbar nebenwirkungsarm.

2. Ein weiteres Argument, welches oft für Negativdarstellungen benutzt wird, ist die »durch Heilpraktikerkonsultation drohende Verzögerung einer notwendigen schulmedizinischen Behandlung«. Im Rahmen dessen wird auch auf die Gefahr eines »zu späten Erkennens schwerwiegender Erkrankungen verwiesen«. Die Erfahrung zeigt jedoch im Gegenteil, dass genau diese Art von Erkrankungen oft GERADE durch die Zuwendung von Heilpraktikern schneller - oder gar überhaupt erst - erkannt werden! Gründe dafür sind sicher einerseits in der naturgemäß viel größeren zeitlichen Zuwendung im Rahmen heilpraktischer Konsultationen zu suchen, andererseits gerade auch im Schwerpunkt der Überprüfungen angehender Heilpraktiker. Der liegt eindeutig auf der Erkennung genau solcher Krankheiten. Ein Großteil der grundlegenden Ausbildungen an allen Heilpraktikerschulen, die ich persönlich kenne, ist deshalb auch genau diesem wichtigen Aspekt geschuldet. Und die meisten Kollegen, die ich persönlich kenne, arbeiten kontinuierlich penibel in dieser Richtung. Sie befragen und untersuchen ihre Patienten aufs Genaueste, da vor allem dieses Vorgehen ein prägender Teil ihrer grundlegenden Ausbildung war - und eben der erklärte Schwerpunkt der Überprüfungen an den Gesundheitsämtern. Ich schließe nicht aus, dass es unrühmliche Ausnahmen gibt. Die Regel aber sind sie nach meiner Überzeugung NICHT.

3. Tatsache ist, dass genau die evidenzbasierte Medizin, auf die sich Heilpraktikerkritiker so stark berufen, sehr viel mehr Probleme mit Schädlichkeit ihrer Maßnahmen an Patienten aufzuwerfen scheint. Heilkundliche Zuwendungen beinhalten selbstverständlich immer ein gewisses Risiko. Im Zuge heilpraktischer Tätigkeiten scheint dieses seit Jahrzehnten jedoch kontinuierlich niedrig bis nicht vorhanden zu sein. Im Bereich der sogenannten Schulmedizin sieht die Sachlage hier ganz anders aus. So berichtet der "Focus" am 31.7.2015 über "Ärztepfusch im großen Stil".  Neu ist das nicht. Am 5.9.2012 klärt der "Stern" seine Leser darüber auf, was sie bei Ärztepfusch tun können und erwähnt im Rahmen dessen einen MDK-Bericht (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) von 2011, in dem von 4.070 Behandlungsfehlern und 12.690 in Prüfung befindlichen Verdachtsfällen die Rede ist. Am 17.5.2010 berichtet die "Süddeutsche Zeitung" über bis zu 25.000 Todesfälle durch Medikamente. Fehl- und Übermedikation scheinen leider keine Seltenheit zu sein. Auch solche mit schwerwiegenden Folgen einschließlich dem Tod der Patienten. Zu vermuten steht zudem, dass die Dunkelziffern bzw. die Zahlen unentdeckter Fälle exorbitant höher sind. Grundsätzlich bin ich kein Freund insbesondere reisserischer Schlagzeilen, was diese empfindlichen Themen angeht. Ich bin auch der Ansicht, dass naturwissenschaftlich fundierte Medizin ausgesprochen wichtig ist, ein hohes Gut unserer Zeit. Die Forderung, den Arztberuf ob der offensichtlich tatsächlichen Gefahren, die damit einhergehen, zu verbieten wäre demgemäß allenfalls albern. Jedoch: All das geschieht unter dem Label "Evidence based Medicine" (EBM). Es kann schlichtweg nicht angehen, dass dieses im Umkehrschluss missbraucht wird, um die in der Tat  zumeist gut verträglichen und nebenwirkungsarmen Therapien, die Heilpraktiker in der Regel verwenden, derart zu diskreditieren und als "gemeingefährlich" darzustellen. Geschweige dem, die zugehörige Berufsklasse zu verbieten!

4. Einzelfälle als generalisierende Bemessungsgrundlage einer ganzen Berufsklasse heranzuziehen: Vor dem Hintergrund, dass insbesondere schwere Schädigungs- und Todesfälle als »unerwünschte Nebenwirkungen« typischerweise vor allem im Rahmen »schulmedizinischer« Zuwendungen passieren und dass die Masse der diesbezüglichen Vorfälle in keinem auch nur annähernden Verhältnis zu den Zwischenfällen bei Heilpraktikern zu stehen scheint - nun, ich finde, dass diese Argumentation sich selbst als unzutreffend beweist. Mit oder ohne heilpraktische (oder ärztliche) Zuwendung: Zwischenfälle können immer passieren. Es gibt KEIN VERGLEICHBARES FACHGEBIET, in dem derart dreist Einzelfälle zur Verunglimpfung einer ganzen Berufsklasse missbraucht werden!

5. Zur »Schlagzeilentechnik«, die einschlägige Medien gelegentlich zu verwenden scheinen. Ich möchte das mit einem Beispiel illustrieren. Es steht ihnen frei, Ihnen selbst bekannte Fälle auf die jeweilige Stichhaltigkeit von wie auch immer gearteten Anschuldigungen zu untersuchen.

Vor einigen Jahren fiel mir im Vorbeigehen die große Meldung einer deutschlandweiten Tageszeitung auf. »Patient stirbt in Heilpraktikerpraxis!« war dort in großen Lettern zu lesen. Der Bericht selber fiel kurz aus. Nicht verwunderlich, denn zum Zeitpunkt der Berichterstattung war in der Tat noch nicht viel über das wirkliche Geschehen bekannt. Wie negativ sich eine solche Schlagzeile auf die Heilpraktikerwahrnehmung beim unbedarften Leser auswirken kann, braucht hier nicht ausgeführt zu werden. Was war tatsächlich geschehen? Ein älterer Herr erlitt auf offener Straße einen Herzinfarkt mit den typischen Beschwerden wie plötzlicher Brustenge, Schmerzen, Atemnot, Angst. In seiner Not stolperte er in die Praxis eines zufällig ansässigen Heilpraktikers. Dort brach er auf der Stelle bewusstlos zusammen und erlitt einen Kreislaufstillstand.

Bei genauerer Betrachtung des Falles ergab sich: Es war KEINERLEI Verschulden durch den Heilpraktiker nachweisbar. Im Gegenteil hat dieser sogar korrekte Reanimationsmaßnahmen eingeleitet. Dass der Patient trotzdem verstarb, ist bedauerlich - aber erstens keine Seltenheit und zweitens mit Sicherheit nicht auf eine Schuldhaftigkeit des HP zurückzuführen. Unterm Strich bleibt jedoch - dank der reißerischen Initialschlagzeile - die Aussage »Patient in HP-Praxis verstorben« in Erinnerung. Als Nebenfrage sei erlaubt: Wer kommt eigentlich für die Folgen einer solchen Berufsbildschädigung auf?

6. Der Fall von Brüggen-Bracht lässt bei genauerer Betrachtung ebenfalls Zweifel aufkommen. Auch wenn der dortige Kollege scheinbar im therapeutischen Ansatz wirklich über ein akzeptables Maß hinausgegangen ist (federführende »Krebsbehandlung«, Injektion eines nicht zugelassenen Präparates, die Verbände haben sich aus gutem Grund einheitlich vor dessen Vorgehens- und Arbeitsweise distanziert) - er scheint wieder zu praktizieren, wie oben bereits ausgeführt wurde. Ich vermute also, dass es große Zweifel an der tatsächlichen Schuldhaftigkeit gegeben haben muss!

Den Münsteraner Kreis stört das freilich nicht: Der Fall wird trotz seiner Fraglichkeit als Aufhänger gegen die ganze Heilpraktikerschaft verwendet. Dass es sich dann obendrein - nehmen wir also an, es gäbe eine nachweisbare Schuldhaftigkeit am Tod der drei Patienten auf Seiten des Heilpraktikers - um einen extrem seltenen Einzelfall handelt, lässt dessen argumentative Verwendung im fraglichen Memorandum (oder wo auch immer zu Ungunsten der ganzen Heilpraktikerschaft) ohnehin in einem fragwürdigen Licht erscheinen. Warum tut man soetwas? Nun, eine mögliche Erklärung aus meiner Sicht: In Ermangelung echter und bewiesener Fälle, die das Argument »Heilpraktiker sind generell gefährlich« untermauern könnten. Solche Fälle mag es geben. Jedoch erstens, wo sind sie dann? Und zweitens nicht in signifikanter Anzahl. Wenn es anders WÄRE: Warum greift das Münsteraner Memorandum nicht auf solche bewiesenen Fälle zurück? Und wo ist die Statistik, die eine Signifikanz der Häufigkeit solcher Fälle beweist? Das wäre wissenschaftliches Vorgehen! Die Antwort liegt jedoch auf der Hand: Es gibt scheinbar keine wirklich markanten, beweiskräftigen Fälle dieser Art. Und demzufolge gibt es keine Statistik, die deren tatsächlich untragbare Häufigkeit beweist.

Bisherige Medienreaktionen

Bisher sehe ich als Reaktion der großen Nachrichtenblätter ausschließlich wohlwollendes Verbreiten der neuen Nachricht - zu Gunsten des Machwerks des Münsteraner Kreises.

Berechtigte HInterfragung finde ich aktuell in keinem der führenden Nachrichtenblätter in Deutschland. Dies trotzdem der offensichtlichen Ungenügsamkeit und Zweifelhaftigkeit des Memorandums und seiner Urheber!

Stattdessen wird medial ein Meinungsgewicht zu Gunsten des Münsteraner Kreises erzeugt und verstärkt: Durch exzessives Verweisen auf die angebliche »Experten«gruppe und deren Zusammensetzung aus »Ärzten und Wissenschaftlern« - und so weiter.

Ich finde bisher keinerlei Kritik an:


Analyse: Ein Zitat aus dem Münsteraner Memorandum

»... Ihre (Anmerkung Ethnatmed: Gemeint sind "Fehlbehandlungen durch Heilpraktiker") bisweilen dramatischen Folgen wurden der Öffentlichkeit u.a. im Sommer 2016 durch den Fall am „Biologischen Krebszentrum Bracht“ am Niederrhein deutlich. In der Obhut des Inhabers dieser Einrichtung, eines Heilpraktikers, starben damals drei Patienten, die vermutlich länger gelebt hätten, wenn sie nach den Standards der wissenschaftsorientierten Medizin behandelt worden wären.«

Inhaltliche Analyse dieses Absatzes:

  • »... dramatische Folgen... « - Dass Patienten sterben ist in der Tat dramatisch. Auch bei Krebspatienten. Hier jedoch fällt auf: Das Versterben der Patienten wird als »FOLGE« heilpraktischer Zuwendung deklariert. Bewiesen scheint dies jedoch keinesfalls. Die Experten des Münsteraner Kreises scheuen sich jedoch nicht, diese Behauptung dennoch unkommentiert aufzustellen.
  • »...unter der Obhut des Inhabers = Heilpraktikers...« - Bedeutet dies ein Verschulden des Heilpraktikers?
  • »...starben damals drei Patienten, die VERMUTLICH länger gelebt hätten, wenn sie ....« - Diese Aussage beweist sich selbst: Es sind nur Vermutungen. Auch ich wage eine Vermutung: Es könnte sich auch genau anders herum verhalten, denn ein Teil der Krebspatienten verstirbt in der Tat an den Nebenwirkungen etwa chemotherapeutischer Bemühungen. Wir wissen das für den gegeben Fall im Augenblick nicht.

Schlussfolgerung:

Die rhetorische Formulierung im Memorandum zeigt schon in diesem kurzen Abschnitt, dass der Adressat des Schreibens - ärztliche Kollegen, Politiker, ... - schlichtweg in seiner Meinung manipuliert werden soll. Liebe Ärzte, liebe Wissenschaftler, Politiker, Medizinethiker, ... wie stehen SIE eigentlich dazu, wenn »Expertengruppen« versuchen, Ihre Meinungsbildung rhetorisch derart offensichtlich zu manipulieren versuchen? Ich persönlich würde dem SEHR ablehnend gegenüberstehen. Der Urheber hätte seine Glaubwürdigkeit nachhaltig vespielt.


  • der Fraglichkeit der »Expertengruppe«, denn dort ist kein einziger Heilpraktiker als tatsächlicher Berufsvertreter eingebunden
  • der Tatsache des schäbigen Umgehens der Heilpraktikerverbände in einer »Nacht- und Nebelaktion«
  • der Fraglichkeit der Behauptung einer »Freiheit von Interessenkonfikten« der Mitglieder
  • der ausgesprochen fraglichen Kompetenz bezüglich der Naturheilkunde im ganzheitlichsten Sinne
  • der offensichtlichen Unkenntnis deutscher Rechtslage seitens des Münsteraner Kreises, wiewohl diese explizit als Argument für die eigene Darstellung zu Ungunsten des Heilpraktikerberufes missbraucht wird
  • der Fragwürdigkeit der geführten Argumentation an sich - siehe z.B. die angebliche generelle Gefährlichkeit des Heilpraktikerberufes

Aus meiner Sicht ist das eine ausgesprochen ungenügende Art von Berichterstattung. Ein "Sommerloch" ist für mich keine adäquate Entschuldigung für derartige Nachlässigkeiten seitens unserer Medien - ich bin darüber ehrlicherweise verärgert.  Ich behaupte: Dieses Vorgehen trägt deutliche Kennzeichen sogenannter Propaganda (PR) zu Ungunsten tatsächlich objektiver Berichterstattung. Es reiht sich damit im Übrigen in die medial unterstützten PR-Kampagnen der letzten Monate ein. Die Vermutung liegt nahe: Aktuell findet eine regelrechte mediale »Hexenjagd« wider der Naturheilkunde im Allgemeinen wie dem Heilpraktikerberuf im Speziellen statt.

Zusammenfassung und Fazit

»Wir wollten diesen Irrsinn nicht länger hinnehmen« - so dem Anschein nach die Mitglieder des Münsteraner Kreises. Aus meiner Sicht ist hier aktuell nur eines als tatsächlich öffentlich zur Schau getragener »Irrsinn« zu verstehen: Das ist selbstverständlich das fragliche Memorandum, welches derart abstruse Behauptungen und daraus abgeleitete Forderungen zur Diskussion stellt.

Dem Münsteraner Kreis fehlt offensichtlich jede echte Kernkompetenz zur Beurteilung des Heilpraktikerberufes. Dies ist eigenes Verschulden, denn man hätte Heilpraktiker und Verbände einbeziehen können. Hochgebildete Menschen, deren erklärte Fachschwerpunkte als Ärzte, Philosophen oder Medizinethiker als Beispiel eben allenfalls in Randbereichen den Heilpraktikerberuf berühren, sind eben sicher KEINE Kompetenzgarantie. Anderslautende Behauptungen sind allenfalls als unverschämte Anmaßung zu verstehen. Die Unwissenheit bezüglich rechtlicher UND inhaltlicher Berufshintergründe, die dem Münsteraner Memorandum nachweislich zu Grunde liegt, unterstreicht diese Einschätzung.

Die angebliche »Interessenskonfliktfreiheit« aller Mitglieder um Frau Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert halte ich für eine bloße Behauptung, die einer genaueren Untersuchung nicht standhalten kann.

Inhaltlich ist die Argumentation im Memorandum bei genauerer Untersuchung nicht haltbar. Zudem lassen sich deutliche Manipulationsabsichten bezüglich der Meinungsbildung der Adressaten nachweisen.

Es bleiben einige Fragen offen. Wie lange zum Beispiel sollen wir Heilpraktiker noch diese unsachgemäße öffentliche Berufshetze hinnehmen, die immer wieder durch selbsternannte Kritiker betrieben und obendrein medial unterstützt wird? Wie lange sollen sich Befürworter des Heilpraktikerberufes oder der Naturheilkunde von solchen Personen - vor allem selbsternannte Skeptiker - noch öffentlich lächerlich machen lassen? Meiner Ansicht nach haben wir es hierbei durchaus auch mit strafrechtlich relevanten Sachverhalten zu tun. Denn hier wird unterm Strich - im Gewand »wissenschaftlicher« Argumentation einerseits und verpaart mit schwärzester Rhetorik andererseits - regelmäßig öffentliche Rufs-, Berufs- und Personenschädigung begangen! Der Schaden am Heilpraktikerberuf ist inzwischen immens!

Tatsache ist: Ausschließlich Heilpraktiker und vor allem organisierte Heilpraktikerverbände können federführend zur Strukturierung und Weiterentwicklung des Berufsbildes beitragen. Entsprechende Bestrebungen sind seit längerem im Gang. Um so befremdlicher wirkt dieser blindwütige Schuss aus der Hüfte unter Umgehung der einzig wirklich kompetenten Ansprechpartner in diesen Fragen.

Liebe Patienten, Klienten und Interessierte: Ihnen sollte vor allem bewusst werden, dass dieser neuerliche Vorstoß erklärter Feinde des Heilpraktikerberufes auch ein Vorstoß gegen IHRE Grundrechte ist. Ihr Recht zum Beispiel, die naturheilkundliche Begleitung der Heilpraktiker in Anspruch zu nehmen, wann und wo immer Sie dieses wünschen. Auch Sie sollen hier in gesundheitlichen Fragen bevormundet werden. Das Verschwinden des Heilpraktikerberufes und damit der Naturheilkunde im ganzheitlichsten Sinne wäre ein nicht wieder gutzumachender Schaden auch an Ihrer medizinischen Versorgung und Gesundheit im umfassendsten Sinne.

Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!

Ihre Naturheilpraxis Ethnatmed
Frank Röpti
Heilpraktiker


Fussnoten

1) Die Gwup aus Sicht des Autors

Die »Gwup« nimmt für sich selbst in Anspruch, »skeptisch« zu sein. Im Zuge dessen gab es in der Vergangenheit schon reichlich Konfrontationen mit Wissenschaftlern anderer Fachrichtungen. Ein besonders augenfälliges Beispiel waren die Auseinandersetzungen mit dem Physiker Illobrand von Ludwiger und seiner Arbeit für Mufon. Dabei ist unterstellt worden, dass es bei der Gwup - respektive einiger Mitglieder dort - gar nicht um »Skeptizismus« im tatsächlichen Sinne gehe. Dort werde viel mehr »Ultraskeptizismus« praktiziert. Der Unterschied, wie ihn Mufon/von Ludwiger skizziert haben:

Skeptizismus prüft erst ein unbekanntes Phänomen - DANN erst werden Aussagen dazu gemacht. Ultrakspetizismus hingegen lehne unbekannte Phänomene auf Grund eigener Überzeugungshaltung von vornherein ab.

Aufgrund des damaligen Arbeitsschwerpunktes - wissenschaftlich seriöse Untersuchung sogenannter Ufo-Phänomene im tatsächlichen Sinne zunächst "unbekannter Flugobjekte" - war Mufon natürlich für Angriffe ultraskeptisch denkender Menschen besonders prädisponiert. Da hilft dann alle Wissenschaftlichkeit nichts mehr.

Insbesondere die Einschätzung des praktizierten Ultrakspetizismus, die so tiefe Wurzeln in der Gwup zu haben scheint, haben später ehemalige Mitglieder bestätigt. Ein Beispiel ist Rudolf Henke: Seine diesbezüglichen Ausführungen können Sie im Internet nachlesen.  Ein weiteres ehemaliges Gwup-Mitglied ist Edgar Wunder. Seinen Aufsatz "Das Skeptikersyndom", der u.a. die Denk- und Arbeitsweise der Gwup streift, können Sie ebenfalls im Internet einsehen. Allgemeine Informationen für und wider "Skeptikern" bzw. "Ultraskeptikern" finden Sie hier: http://www.skeptizismus.de/index.html.


Auf dieser selbsterklärt "skeptischen" Basis nun beteiligen sich die Gwup Mitglieder regelmäßig am Beurteilen solcher Phänomene wie der »Klassischen Homöopathie«. Auffällig ist im Rahmen dessen auch die regelmäßige Verwendung eines bestimmten Rhetoriktyps: einer der schwärzesten Sorte. Es werden also oft Ausdrücke wie »Humbug«, »Blödsinn« usw. im Zusammenhang verwendet. Befürworter der klassischen Homöopathie, des Heilpraktikerberufes etc. werden öffentlich lächerlich gemacht und denunziert. Diese Kommunikationsweise war bereits in der erwähnten Auseinandersetzung mit Mufon und Anderen ein großes Problem und wurde von von Ludwiger ebenso thematisiert. Nach meiner Wahrnehmung hat sich daran bis heute nichts geändert. Wenn Sie sich die Seiten der Gwup aktuell selbst genauer ansehen, dann wird Ihnen auffallen, dass man es dort für gesellschaftsfähig zu halten scheint, ein "goldenes Brett vor dem Kopf" zu verleihen. Wissenschaftliches Argumentieren hat meiner Ansicht nach anders auszusehen. Beachten Sie im Kontext auch die Formulierung des Münsteraner Kreises: »Wir wollten diesen Irrsinn nicht länger hinnehmen« lautet eine immer wieder zitierte Schlagzeile im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des fraglichen Memorandums. Das ist schlicht schwarze Rhetorik derselben Mundart, derer sich auch »Ultraskeptiker« exorbitant häufig bedienen.

Es ist deutlich zu erkennen, dass es diesen selbstbezeichneten »Skeptikern« im Rahmen ihrer Vorgehensweisen NICHT um echte Wissenschaftlichkeit zu gehen scheint. Es steht die militant-rhetorische Meinungshoheit bezüglich Phänomenen, die sein dürfen, und eben auch solchen, die nicht sein dürfen, im Vordergrund. Der Gradmesser dabei ist meiner Überzeugung nach nicht die »Wahrheit« - sondern die Gewissheit auf Grund persönlicher Glaubensüberzeugungen, die so charakteristisch für die ultraskeptische Grundhaltung sind, aber niemals echter Wissenschaftlichkeit zu Grunde liegen dürfen.

Anmerkung: Neben dem Ausdruck "Ultrakseptiker" ist als Synonym auch der vom amerikanischen Soziologen  Marcello Truzzi argumentativ belegte Ausdruck des "Pseudo-Skeptikers" von Interesse. Laut ihm nämlich ist die skeptische Grundhaltung gerade dadurch geprägt, zurückhaltend mit jedwedem Urteil zu sein. Ein Aburteilen beliebiger Phänomene auf Grund eigener Glaubenshaltungen - dazu zählen auch solche vermeintlich naturwissenschaftlicher Art - ist eben GERADE KEIN Skeptizismus.

 

2) Ist ein "Allzuständigkeitsanspruch" der Naturwissenschaften gerechtfertigt?

An dieser Stelle wird ein anderes Kernproblem vieler selbsternannter Naturheilkunde- und Heilpraktikerkritiker angeschnitten. Von diesen wird ausnahmslos eine Allzuständigkeit der Naturwissenschaften vorausgesetzt. Alles, was mit deren Mitteln nicht erfasst werden kann, wird als »Humbug« verunglimpft. Tatsache ist jedoch: Für viele Fachgebiete auch der ganzheitlichen Naturheilkunde hat Naturwissenschaft in diesem Sinne überhaupt keine Zuständigkeit. Diese wurde bereits mehrmals, z.B. wiederum durch den Physiker Illobrand von Ludwiger, festgestellt.

Ein typisches Beispiel in dieser Richtung ist selbstverständlich auch die klassische Homöopathie. Wider der wird exzessiv vom Standpunkt aktuellen naturwissenschaftlichen Wissens argumentiert. Die Regeln der echten Homöopathie werden dabei lächerlich gemacht, im Falle praktischer »Studien« obendrein schlichtweg ignoriert. Schon das Lesen der homöopathischen Grundregelwerke zeigt jedoch ganz klar, dass Naturwissenschaften gar keine Zuständigkeit haben KÖNNEN. Insbesondere nicht dann, wenn als Grundlage die Festkörper- und Teilchenphysik herangezogen wird. Das passiert jedoch regelmäßig. So ist dann eines der Hauptargumente auch: »Da ist ja nichts drin, kein einziges Molekül, wie sollte so etwas bitte eine Heilwirkung verursachen?«.

Nein, eben: Teilchenphysik erklärt die Homöopathie sicher nicht ausreichend. Wichtige Konzepte, wie das der »Lebenskraft« oder dem »Geistartigen der Arznei« nach Hahnemann sind eben NICHT Teil geltender naturwissenschaftlicher Sichtweisen. Sie gehören jedoch ohne jeden Kompromiss zum Paradigma echter Homöopathie. Daraus folgt: Homöopathie kann nicht abschließend im Rahmen der derzeit verbreiteten naturwissenschaftlichen Paradigmen erfasst werden, da diese das Konzept der »Lebenskraft« oder des »Geistartigen der Arznei« überhaupt nicht erfassen können. Erst wenn Theorien entwickelt sind, die synonym die alten philosophischen (somit übrigens per Definition GEISTESwissenschaftlichen!) Homöopathieprinzipien abdecken, ist an eine naturwissenschaftliche Untersuchung überhaupt auch nur zu denken! Daraus folgt wiederum: Zum derzeitigen Zeitpunkt muss jeder absolutistisch-naturwissenschaftliche Versuch, das homöopathische Paradigma zu untersuchen als streng gesehen unwissenschaftlich verstanden werden.

Bis dato bleibt zur Untersuchung der klassischen Homöopathie nur die reine Beobachtungsstudie. Es kann also nur im Grundsatz beobachtet werden: Tritt eine Wirkung ein oder nicht? Im Zuge dessen muss vorausgesetzt werden, dass das homöopathische Regelwerk streng beachtet werden muss - sonst kann logischerweise auch keine Aussage darüber getroffen werden. Siehe da: Eine Reihe kleinerer Untersuchungen, die sich um Einhaltung der homöopathischen Regelwerke bemüht haben, liefern auch postwendend positive Hinweise zur Wirksamkeit. Zu erwartende negative Ergebnisse resultieren bisher ausschließlich aus Studien, die das homöopathische Regelwerk - infolge strenger »Naturwissenschaftlichkeit« und somit fehlenden Rückhalts im Bezug auf diese Konzepte - ignoriert haben.

Die »eigene kontrollierte Wahrnehmung« (Beobachtung) ist im Übrigen der klassische, nämlich philosophische Weg, Aussagen über ein beliebiges Phänomen zu treffen. Ein alter Ausdruck hierfür ist »Empirie«. Sie stellt bis heute auch den wesentlichen Weg dar, naturheilkundliche Methoden zu erlernen, die durch Naturwissenschaften nicht oder nur ungenügend abgedeckt werden können. Hieraus leitet sich die Idee einer sogenannten »Erfahrungsmedizin« im Zusammenhang mit ganzheitlicher Naturheilkunde ab. Sammeln und Prüfen persönlicher Erfahrungen über lange Zeiträume ist also eine Kardinalmethode echter Heilpraktikerausbildung (über die schulmedizinische Grundlagenausbildung hinaus). Da diese Ausbildungsmethode nicht über Regelwerke kontrolliert oder gar staatlich verordnet werden kann, obliegt sie also der Selbstentscheidung und -organisation des jeweiligen Heilpraktikers. Wiewohl es natürlich Ausnahmen geben mag, beobachte ich, dass eine große Anzahl Kollegen und angehender Heilpraktiker sich sehr wohl um vernünftige Ausbildung bemüht. Ganz im Gegensatz zu dem, was uns die »Experten« des Münsteraner Kreises aktuell zum Beispiel weismachen wollen.

 

3) Schutz der Volksgesundheit vs Schutz der Gesundheit des Einzelnen

Eine der aktuellen Änderungen: Zukünftig soll durch die Heilpraktikerüberprüfung auch der Schutz der Gesundheit des Einzelnen, also nicht nur »des Volkes«, sichergestellt werden.