Über den Dokumentarfilm "Schamanen im blinden Land" und lebendige Schamanentrommeln

Donnerstag, 5. 10. 2017

Der Ethnologe Michael Opitz drehte bis 1980 den Dokumentarfilm "Schamanen im blinden Land" für den WDR. Schon die offizielle Version war mit 4 Stunden ein zeitintensives Unterfangen. Die "Inoffizielle" beinhaltete mehr als 35 Stunden(!) Bildmaterial.

Der Film bietet auch heute noch einen beispielslosen Einblick in ein lebendiges, gelebtes Schamanentum der Magar im Himalaya-Hochland, wie es ähnlich bis heute bei einigen Ethnien in nahezu ungebrochener Kontinuität existiert.

Eines der Kernelemente des Schamanismus - bzw.nach Opitz der Schamanismen - weltweit ist die Arbeit mit veränderten Bewusstseinszuständen: Trancen. Die Fähigkeit, ungewöhnliche Bewusstseinszustände zu erreichen und dadurch Kontakt mit der Geisterwelt oder dem "Übernatürlichen" aufnehmen zu können, ist das erste Kennzeichen, durch das werdende Schamanen auffallen. Da anfangs die Möglichkeit fehlt, solche keimenden Trancezustände zu kontrollieren, wirken diese Menschen "krank". Sie zeigen psychische Auffälligkeiten, unkontrollierte Zitterzustände, suchen die Einsamkeit oder leiden an geheimnissvollen körperlichen Symptomen. 

Das Erlernen des Schamanenhandwerks ist im Regelfall eingebettet in den regionalen und kulturellen Kontext. Neben den Trancetechniken an sich, die durch Training unter Kontrolle gebracht und in der Praxis zur Anwendungsreife geschliffen werden, müssen die jeweiligen Mythen und die zugehörigen Gesänge, Zaubersprüche etc. erlernt werden.

Während dieser kulturelle Rahmen in vielen Regionen, auch in Europa, durch verschiedene Einflüsse in den Untergrund gedrängt oder gar zerstört worden ist, scheinen die Kernelemente des Schamantums zeitlos zu sein. Auch bei uns werden Menschen nach wie vor von der Schamanenberufung getroffen. In jüngster Zeit ist es - nicht zuletzt durch die Bemühungen Michael Harners, aber auch anderer neuzeitlicher Praktiker - zu einer Wiederbelebung des alten Wissens und der alten Techniken auch bei uns gekommen. Immer mehr Menschen können ihre schamanische Begabung erkennen und praktisch leben, ohne dafür verfolgt und bestraft zu werden.

Im Link nun das Interview mit Michael Opitz auf den Blogseiten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: dort finden Sie auch einiges an Bild- und Videomaterial aus dem Dokumentarfilm. Wer sich die Zeit nimmt und einmal den ganzen Film anschauen mag wird festellen, dass die viele Zeit, die Opitz sich genommen hat, sich auszahlt. Lässt man sich drauf ein, dann kann man einen kleinen Eindruck der hypnotischen Wirkung der schamanischen Performance - durch Trommeln, Singen, Rasseln, Tanzen, das Spiel mit dem Feuer etc. - erhaschen. Wer ganz genau aufpasst, wird schon im Film einige faszinierende Momente erleben, die anzeigen: nur Performance, gleichsam "Schamanen-Theater", ist das nicht. Manchmal ist es Opitz gelungen, eine mögliche Realität tatsächlicher Geisterwelt einzufangen. So geht seine Danksagung schlussendlich nicht nur an die vielen beteiligten Menschen der damaligen Dreharbeiten, sondern auch an das "Übernatürliche". Viel Spaß beim Lesen und reinschnuppern: http://blogs.faz.net/blogseminar/was-verraten-die-trommeln-der-schamanen/

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